Hinweis zu Stolpersteinen

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Der nicht abreißende Strom von Kurznachrichten bei Twitter wird mehr oder weniger wahrgenommen und bietet im Gegensatz zum klassischen Nachrichtenticker die Möglichkeit, Meldungen zu kommentieren.

 

Man könnte es für eine rituelle Handlung halten, tausende und in nie enden wollender Fortsetzung abertausende dieser Gedenktäfelchen zu recherchieren, anzufertigen, in kniender Haltung ins Pflaster zu senken, zu polieren, für Pressemitteilungen zu sorgen, Spenden zu aquirieren – die Aktionen dienen wahrscheinlich doch dem Zweck, den der Name beschreibt: “Stolpersteine”, die sollen nicht etwas ins Rollen bringen, sondern “wen” ins Stolpern.
Sie sollen aus dem Trott bringen und Gedanken erzwingen – sind ein Eingriff in die Freiheit der Gedanken, die vielleicht um etwas ganz anderes kreisen wollten und gezwungen sind, sich bei Stolperstein-Begegnung mit jener Vergangenheit zu konfrontieren, überall, wo hierzulande gesiedelt wird, außer in Neubaugebieten.
Das kommt so anspruchsvoll daher wie die katholische Doktrin der Erbsünde, die auf dem Gewissen lasten könnte oder lastet, und die “Vergangenheitsbewältigung” verbietet jede Art von Sorglosigkeit und Unbefangenheit, konfrontiert mit einem zähen Schuldvorwurf, der gar nicht in Worte gefasst und ausgesprochen werden braucht.

Während es für Beuys genügte, eine Stadt zu “verwalden”, hat der auf Knien Gedenkplaketten installierende Künstler, dessen Arbeitshaltung an das “Buße tun” in manchen Riten erinnert, nichts Geringeres vor, als die Republik zu verstolpersteinen – vor unumgänglichem Gemahnt-Werden mag sich schon manche Laune verdüstert haben, das könnte den ein oder anderen psychisch “herunterziehen”, denn es geht ein besonderer Zwang von dem Signal aus, das gegebenenfalls eine Depressionsverstärkung als Nebenwirkung haben kann.

Wir wissen vielleicht, dass Täter, um zu “funktionieren”, eine befehlende Autorität über sich brauchen, dass die Gehorsamkeitsbereitschaft mit einer gewissen Streuung international und bei Männern und Frauen vorhanden ist, wissen aber nicht, inwieweit und wobei die ständige Erinnerung an das Grauen der Vergangenheit, für das “Schande” doch eine sprachliche Verniedlichung sein müsste, hilfreich ist.

Zur Ich-bezogenen, Hybris-behafteten  “Ellenbogengesellschaft” gehört auch, dass man sich gegenseitig (wobei es keine echte Gegenseitigkeit ist) ins Straucheln bringt, Knüppel zwischen die Füße wirft, das kann mit Schadenfreude verbunden sein. Jemanden mit der Moral auf seiner Seite ins Stolpern bringen – die Stolpersteine sind bitter und ohne Trost, wenn sie auch frischpoliert glänzen, nicht unter der Stolperstein-Botschaft leiden zu lassen – wie soll das gehen?

Vielleicht ist die Absicht hinter den beschrifteten Messingquadraten, “das Vergessen” zu verhindern, die Erinnerung an die Menschen, Personen zu erhalten. Im Stadtbild erzeugen sie eine Gewöhnung, eine Umdeutung zur Alltäglichkeit, weniger geeignet, Erinnerung zu erzeugen, kaum auch “Betroffenheit” – oder wird die “nur” vielfach abgewehrt?

Jedenfalls rufen sie Vorstellungen hervor, wenn auch nicht global, so doch national, die sich wohl meist auf eine bestimmte Zeit beziehen, doch kaum ein “Begreifen” der Vergangenheit. Oder der Zukunft, dem Kapitel, das wir momentan gestalten , das so viele Veränderungen erfordert, wenn es nicht das letzte in einer passablen Umwelt sein soll.

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