Das Urheberrecht und die Unfreiheit des Wortes

| 1 Kommentar

Der Aufruf  “Wir sind die Urheber” hat viele Unterzeichner gefunden – was aber kein Beweis für seine Richtigkeit ist. Da wird behauptet:

Der  …  behauptete Interessengegensatz zwischen Urhebern und „Verwertern“ entwirft ein abwegiges Bild unserer Arbeitsrealität.

Der Aufruf tut so, als hätte es  eine heile Welt gegeben, bevor die Daten, Texte, Werke, einmal digigtalisiert, beliebig oft und nahezu kostenlos vervielfältigt werden konnten.

In einer arbeitsteiligen Gesellschaft geben Künstler die Vermarktung ihrer Werke in die Hände von Verlagen, Galerien, Produzenten oder Verwertungsgesellschaften, wenn diese ihre Interessen bestmöglich vertreten und verteidigen.

“Künstler machen das so, haben das schon immer so gemacht, und es ist in Ordnung”.  Dass dieses System, in dem  beispielsweise  auflagenstarke Autoren ihre materiellen Bedürfnisse befriedigen können, auch seine Tücken hat, wird von dieser “Elite” (“Fett schwimmt oben”) nicht gesehen.

Zu diesen Tücken gehören die Selektionsmechanismen des Marktes, zu dem unbekannte Autoren erst gar keinen Zugang bekommen. Die Schwierigkeit, überhaupt erst einen “Verwerter” – Verleger – zu finden, ist ja eine besondere Hürde.  Die Künstlerclique, die hier aufruft, denkt an sich zuerst.

Es geht um den Profit, der sich aus geistigem Eigentum schlagen lässt. Der hängt heute fast nur noch von der Bekanntheit, nicht mehr so sehr von der Qualität des Textes ab. Die Grenze zwischen “Künstler” und “Texter” ist fließend – die Rechtlosigkeit unzähliger Texter, deren Produkte billig eingekauft werden, die damit ihre geistiges Eigentum unwiederbringlich abgegeben haben, wird nicht thematisiert.

Über Bekanntheit und Anonymität entscheidet ein Medienapparat, dessen Funktionäre sich wie hoch wichtige Halbgötter verhalten – dies entspricht ihrer Selbsteinschätzung, ist man doch als Multiplikator Meinungsbildner.

Die öffentlichen Themen werden von Medienmonopolen zugelassen, ins Gespräch gebracht oder auch unterdrückt, unter den Teppich gekehrt.

“Das freie Wort” ist erst dann wirklich, wenn es auch gehört oder veröffentlicht wird, womit etablierte Autoren wenig Probleme haben. Die stehlen den weniger bekannten die Show, indem sie ihr Monopol der Selbstdarstellung ausüben – wobei dieser Zwang: “Autor muss sich fernsehgeeignet präsentieren können” nur die Pervertierung des Texte-Markts anzeigt: Längst geht es nicht mehr um die Inhalte, bei den wenigsten Veröffentlichungen mag man noch an das Wort “Werk” denken.

Es gibt Autoren, denen ihr Verlag etwas Zuwendung schenkt, deren Welt somit in Ordnung zu sein scheint. Die haben hier offenbar zum Aufschrei aufgerufen. Dass es längst unzählige Autoren gibt, die – zum Beispiel in Blogs – gänzlich honorarfrei letztlich das Gleiche machen, wie die etablierten Kollegen, haben die hochnäsigen Erfolgsautoren nicht kapiert.

Die neuen Realitäten der Digitalisierung und des Internets sind kein Grund, den profanen Diebstahl geistigen Eigentums zu rechtfertigen oder gar seine Legalisierung zu fordern.

Als Blog-Autor habe ich keine sonderlichen Probleme mit dem Diebstahl meines Eigentums – gelegentlich holen sich Interessierte mal eine Idee, meist, ohne den Urheber zu nennen, was ja nicht verboten, allenfalls verwerflich ist.Gelegentlich kommt es vor, dass Bilder “geklaut” werden. Solange mir niemand damit schadet, ist das kein Grund, Anwälte oder Gerichte zu bemühen.

Die besten meiner Artikel werden fast überhaupt nicht gelesen.

Es gibt Schwierigkeiten, gefunden zu werden. Das hängt wieder mit der Marktmacht der Verwerter zusammen, die zu jedem erdenklichen Suchbegriff eine Schwemme von Artikeln anbieten. Das Ranking der Suchmaschinen gehorcht speziellen Regeln, die die Medienkonzerne inzwischen sehr gut beherrschen.

Im Gegenteil: Es gilt, den Schutz des Urheberrechts zu stärken und den heutigen Bedingungen des schnellen und massenhaften Zugangs zu den Produkten geistiger Arbeit anzupassen.

Kürzer kann man kaum noch denken: Es geht doch um eine kulturelle Frage. Nicht nur die Zugriffsmöglichkeiten haben sich geändert – auch die massenhafte Erzeugung echter oder gefälschter “Produkte geistiger Arbeit” ist Fakt: ” Die einen sind im Lichte, und die andren sieht man nicht”.

 

Ein Kommentar

  1. Man muss in der Debatte wirklich den Sein-Sollen Fehlschluss vermeiden und mir ist es wirklich kalt den Rücken runtergelaufen als ich den Blödsinn von so vielen namhaften Leuten unterschrieben gesehen habe. Es wird wohl noch dauern, bis die Diskussion ein brauchbares Niveau erreichen wird.

Hinterlasse eine Antwort

Pflichtfelder sind mit * markiert.

*