“Gastgeberin Thea Dorn lädt in der aktuelle Quartals-Ausgabe zum munteren Disput wieder mit drei prominenten Gästen: xx. xy und xz. Wie immer mit aktuellen Büchern im Gepäck.”
So ähnlich ist die Ankündigung des ZDF-Quartetts noch immer in der Suchmaschine zu finden, und die Sendung ist auch noch in der Mediathek vorhanden.
Damit wird deutlich, dass wir in einem Medienzeitalter leben, und dass Kultur sein muss, nach dem Motto: “Kultur ist alles – ohne Kultur ist alles nichts”, und folglich: “Was nun tun? Notfalls nur Kultur – Kultur pur!”
Den Kulturschaffenden, die momentan nicht im Freien und erst recht nicht in geschlossenen Räumen Auftritts-Honorare bekommen, ist damit längst nicht geholfen, versprochen ist die Hilfe jedoch. Die wird anhand des Durchschnittsverdienstes eines vergangenen Jahres ermittelt – Pech für die Künstler, die erst heute losstarten möchten und leer ausgehen, Pech auch für alle, die nichts vorweisen, das sich vermarkten ließe: Es gibt schließlich auch die abgeschotteten Räume und die vielen Türen, in die man keinen Fuß bekommen kann, also “die Gesetze des Marktes”.
Klar ist aber auch, dass es nicht immer Kultur zum Konsumieren sein muss und dass unter uns Zuschauern sicher einige sich an der munteren Quartett-Kulturdebatte beteiligen möchten. So hochinteressant sind die Kulturmagazine, wie sie gesendet werden, dann auch wieder nicht, dass man sie gesehen haben müsste, auch liest sich das Feuilleton erfahrungsgemäß selten als leichte Lektüre, je weniger, je mehr dessen Autoren irgend etwas beweisen wollten.
Kommt hinzu, dass Hören und Sprechen, Lesen und Erzählen als ur-menschliche Bedürfnisse gelten müssen. Wir wollen uns austauschen, kommunizieren, über Andere hinter deren Rücken reden, Erfahrungen austauschen und von Anderen gemachte und gesammelte Erfahrungen und Sichtweisen angeboten bekommen. Neugier und die Fähigkeit, sich in andere, auch in erfundene Figuren einzufühlen, machen Märchen für Kinder interessant, Sagen und Heldensagen für Jugendliche – bei Erwachsenen spreizen sich die Interessensgebiete, Vorlieben und Darreichungsformen.
Der mit der Moderne ständigt umgewäözte “traditionelle Kultur- und Medienbetrieb” ist jedoch prinzipiell mehr Einbahnstrasse als Kommunikation in beide Richtungen. Das Bedürfnis der Zuhörer, sich zum Gehörten auszutauschen oder auch selbst über eigene oder fremde Geschichten zu sprechen, ist vorhanden, wird jedoch nicht berücksichtigt. Beim Live-Event besteht die Zuschauerbeteiligung bestenfalls in “Standing Ovations”, die mit einer artigen Verbeugung der Künstler bedankt werden.
Kulturgenuss, Unterhaltung gemeinsam mit einer Menge Anderer kann schön sein – doch wenn es um Erzählungen und Inhalte geht, gibt es bessere Möglichkeiten: Gehen wir an unsere Grenzen und reden miteinander! Gehen wir zur Abwechslung mal selbst auf Sendung, mit eigenem Programm, das auf Zuschauerquoten verzichtet, das einmalig einmalig ist und völlig unwiederholbar, das Eintagsfliege oder Serie sein kann, das die Beteiligten zu Mitakteuren macht…
Es gibt hier keinen Rundfunkrat und keine Programmdirektion, stattdessen ist etwas Iniative nötig – jemand muss den Anstoß geben, zu einem mehr oder weniger zufälligen Thema, bei dem mindestens drei Weitere Personen teilnehmen wollen, einladen - Termin und den vituellen Ort des Meetings nennen, eventuell die “Unterthemen” absprechen.
Das Format “Neue Literarische Quartette” (NLQ) hat wenige, dafür einfache Regeln zum Ablauf, der Dauer und Rollenverteilung des Programms:
- Vier TeilnehmerInnen
- davon ein(e) “Gastgeber(in)”
- Vier Viertelstunden
- Verbindliche Anmeldung
- Kostenlose Teilnahme
- Meinungsfreiheit
- Gemeinsames Generalthema
Man könnte auch sagen: “KISS – Keep it small and simple” – dann bleibt nur noch ziu klären, was das konkret bedeutet:
Etwa: Jeder bekommt ungefähr die gleiche Rede/Sprechzeit. Nach der Begrüßung, einer Einführungsrunde, in der man sich kurz vorstellt und sagt, über welchen Text man sich auslassen wird, kommt die Festlegung der Reihenfolge, darauf folgt der erste Beitrag. Der dauert 12 Minuten, kurze Zwischenfragen können, wenn der Vortragende dies wünscht, jetzt oder gleich zugelassen werden.
Mit einer kurzen Ein-Satz-Moderation geht es weiter zum nächsten Beitrag, und so weiter. Schießlich gibt noch jeder ein kurzes Statement zur vergangenen Folge ab, die Runde löst sich auf, nachdem geklärt ist, ob und wann man sich wieder trifft.
Selbstverständlich sind quantitative Variationen möglich- vom Duett bis zum Sextett, mehr wäre wieder ein anderes Format, wenn wir an Redezeit für alle denken. Auch inhaltlich: Denken wir an die Möglichkeiten von Autoschrauber-Runden, Veggie-Rezept-Expert*innen, allgemeinen Kaffeekränzchen oder den Meinungsaustausch zu ökologischem Wandel. Es gibt also eine lange Liste denkbarer “Quartette”, und die einfachste Möglichkeit soll “einfach ein paar Freunde oder Bekannte einladen” sein, so heißt es bei https://meet.jit.si/
“Das literarische Quartett” kann den zu Hause isolierten Mitmenschen wieder mehr Teilhabe an einem (halb-) öffentlichen Leben ermöglichen, definitionsgemäß aktive Teilhabe. Was die Künstler ohne Bühne betrifft: Die sind hierbei höchst willkommen, um die Idee weiterzuverbreiten, zu bewerben, beispielhaft vorzuleben. Am Besten wäre es, sie lassen sich freiwillig als Zugpferde einspannen
Wer die Frage “Worüber und Was würde ich denn gerne eine Viertelstunde lang erzählen?” beantworten kann, hat schon die erste und wohl größte Hürde überwunden. Von mir könnte es etwas über “Narzissmus” geben, da könnte ich eine Art Referat vorbereiten. Für die Einladung der Gesprächspartner sollte man auch sagen können, was man – im Rahmen des Generalthemas, das man also nennen können muss – gerne hören möchte. Mit der Vorgabe “aktuelle Lektüre, aktuelle Lieblingsliteratur, Bewegendes, Merkwürdiges” beispielsweise wird niemand niemanden allzusehr einschränken
Idealerweise gäbe es schon im Vorfeld Informationen zu den vier geplanten Beiträgen – doch kann man großes Interesse an “fremden” Themen nicht einklagen: Das kann höchstens noch schnellstens wachsen .
Der Initialartikel ist hier zuende. Jetzt gilt das Motto: “Von der Theorie in die Praxis!”
P.S.:
Um die Idee zu verbreiten, sollte man nicht viele Worte machen, deshalb hier noch eine Kurzfassung im .txt-Format.
“Austausch in alle Richtungen”
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