Adorno, die kluge Else und die Dritte Aufklärung

| Keine Kommentare

Sich von den  ernsten Themen des Lebens fernzuhalten, riecht nach Feigheit, sich ihnen zuzuwenden, wäre schwierig bis ernst, und nicht mehr lustig. Wir suchen vielleicht Antworten bei der Philosophie, und siehe da; Die kann auch unernst:

Appetitthäppchen mit Philosophie, kostenlos und kalorienfrei.

In der Philosophie gibt es Plus und Minus, Ja und Nein im Widerspruch, es geht um beide Seiten der Medaille und um eine Synthese, zu zwei Möglichkeiten eine alternative “Lösung” – so stelle ich mir “Dialektik” vor, die vielleicht auch einen dritten Weg eröffnet.

 

Die Philosophen wollen sich und uns die Welt erklären, bestenfalls noch, welchen Sinn das alles hat; und “die Aufklärung” sollte uns das Bild der Welt erhellen, versuchte es zumindest, mit dem Buch “Dialektik der Aufklärung”, als dessen Autoren in nicht-alphabetischer Reihenfolge “Horkheimer und Adorno” genannt werden.

Gegen Ende des ersten Weltkriegs war Horkheimer 19 Jahre alt und überlebte einen Stadtbummel nur knapp und mit viel Glück; der Schrecken, mit dem er feststellen musste, dass Ideologien wie Drogen auf die Massen wirken können, also berauschend, die Sinne und den  Verstand trübend, hat ihn wohl geprägt.

Aufklärung – das ist mal wieder ein mehrdeutiger Begriff: Es geht um den mündigen Bürger, um Wissenschaft, Mechanik, Ökonomie, um Fragen der Herrschaft.

“Aufgeklärt werden” in einem anderen Sinne sollen auch Verbrechen. “Im gesamten Jahr 2020 wurden in Deutschland 245 Morde bekannt.” Im Fernsehen geschehen also mehr Morde, wir sind mit dem Thema vertraut, jede(r) hat wohl so seine/ihre Lieblingskommissar*in.

In Mexiko “… sank die Zahl der Morde … um gut vier Prozent auf 33.410  … . Das sind rund 92 Morde pro Tag.”  Diese Morde stammen aus dem Drogen-Mafia-Bereich, aus einem globalen Geschäft,  das Afghanistans Geldflüsse speist.

Sind die gesellschaftlichen Verhältnisse so feindlich, dass die  halbe Welt (?) sich unter Drogen setzt?

Adorno in 60 Minuten – auf 90 Sekunden gekürzt

Der Fortschritt der Wissenschaft, die “Aufklärung” hat die Menschen zu Beherrscher*innen der Natur gemacht, aber auch Unheil gebracht.
Mangel scheint kein Problem mehr zu sein, die Fleischtheken bieten alles, was da kreucht und fleucht bis zum Übermaß. In der Landwirtschaft wird gedüngt, “Unkraut” vernichtet und “Schädlinge” werden weggespritzt, doch, so Adorno:

“Die Menschen bezahlen die Vermehrung ihrer Macht mit der Entfremdung von dem, worüber sie Macht ausüben”.

Das Fatale, erläutert Dr. Ziegler einleitend:

“Wir haben uns zwar durch die Wissenschaft, den Kapitalismus und die staatliche Verwaltung zu Herren über die Natur aufgeschwungen und diese komplett unter Kontrolle gebracht, uns damit aber gleichzeitig selbst versklavt.”

 

Die Hervorhebung hier ist mein Werk – irgendwo gibt es noch Regelungen zum Zitieren, da soll man sich nicht zieren, die zu befolgen ;-)

 

Gruppennarzissmus – gottgefällig und selbstgerecht

Selbstgerechter Gottgefälligkeitsnarzismus

Ich hätte da noch eine Parallelwelt abzugeben, mit lauter feinen, all- und alleinwissenden Herrinnenundaußenschaften voller Mitgepfühl und Hilfreichtum – herrje, was rede ich…

Der “Theologe” Drewermann ist den älteren Semestern wohl noch bekannt – aus Büchern, vielleicht, aus “Funk und Fernsehen” bestimmt. Es gibt eine lange Liste mit Buchtiteln, dabei sehr viele “Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet” – also irgendwie umerzählt, “interpretiert” und mit seiner Meinung über Gott und die Welt versehen.
Es gibt Metamophosen ohne Ende in den Märchen – das erwähnt der Priester, Schriftsteller und jetzt auch Ärztlichkeit  Mimende, Neujahresredner und Nebenbei- YOU-TUBEr nicht – Bei 1:00 habe ich eine  Stichprobe gemacht:

Da gab es ärgstes Geschwurbel und Privates zu seiner Auffassung von Viren und körpereigener Abwehr in säuselndem Singsang -  plus göttliche Kommentare, aber Null Punkte bei “Wissenschaftlichkeit”.

 

Die kluge Else

Die Interpretation von Märchen, Mythen und Träumen  ist ein Teilgebiet der Hermeneutik.  Spannend wird es, wenn man nicht recht weiß, was ein Text bedeuten soll oder könnte – wenn etwa im Märchen “Die kluge Else” eine junge Frau ihre Arbeit verschläft und nicht nur zur Närrin gemacht, sondern obendrein mit Schimpf und Schande  aus dem Elternhaus verstoßen wird.

Die spannende Frage dabei war für mich, wie es “im familiären Zusammenhang” dazu kommen konnte, dass Else so verträumt und verfressen wurde, wie sie war, oder dargestellt wurde. Folglich hatte ich mir das Märchen mit seinen Unbestimmtheiten genauer angeschaut.

Else im Keller – beim Bier-holen macht sie sich ihre Gedanken, doch wird sie nicht lange alleine bleiben und Bestärkung und Verstärkung finden.

 

Eugen Drewermann sieht – so Wikipedia -

… das Ich von Elses Vater durch Leistungsideale zerbrochen. Er identifiziert sich narzisstisch mit der Tochter, die klug sei, v. a. aber wie er versagen muss, um ihn nicht abzuwerten. So ein Kind entwickelt ein feines Gespür dafür, zu denken, was die anderen denken, jeden “Wind auf der Gasse” und jeden drohenden Schatten einer Fliege an der Wand zu ahnen. Die latente Vernichtungsdrohung internalisierter Aggression, die vatergöttliche Doppelaxt steckt tief im Familienfundament. Das Denken verkommt zum Handlungsersatz zur Rationalisierung eigener Verzweiflung.

Wo Drewermann eine göttliche Doppelaxt hernimmt, ist sein Geheimnis, aber so eine Waffe aus dem Hut zu zaubern ist kaum eine tiefenpsychologische Interpretation, die analytisch Geschulte oder am Unterbewusstsein Arbeitende als offensichtlich, unmittelbar einleuchtend, keines Beweises bedürfend betrachtet würden.
Sozusagen unwiderlegbar ist die  internalisierte Aggression , die Drewermann hineininterpretiert, denn eigentlich bleibt komplett unverständlich, was das bedeuten soll. Das “Denken als Handlungsersatz” schließlich kann auch “narzisstisch sich mit Glanz und Glitzer überziehen” bedeuten. und mann kann das Nicht-Handeln als verzweiflungsbedingt rationalisieren, “entschuldigen”, wo es nichts zu entschuldigen gibt.

 

Merke: Suggestiv einen Nebel vernebeln heißt nicht, für sauberen Durchblick zu sorgen.

Wenn die Freiheit der Religionspraxis Kindesmisshandlung bedingt oder begünstigt dürfen ernsthaft um die Menschheit besorgte Kenner der Materie diesen “Hort der emotionalen Pest”  nicht noch vor Veränderungen abschirmen. Woran sie sich zu halten haben, beschreibt die letzte Zeile eines Witzes:

Ich wollte meine Bibel auf eBay verkaufen.
Was hab ich dafür bekommen?
Zehn Gebote!

 

Ein “Schlüssel” zu dem Märchen ist wohl, Elses Gemüt als von Angst und Angstabwehr bestimmt zu betrachten, man muss das aber nicht teilen.
Die Bedeutung des Märchens zu erschließen heißt allenfalls, sich dem anzunähern, was heute auf Neudeutsch “Reframing des Narrativs” genannt wird- Das heißt, die Geschichte in einem anderen Rahmen, in einer logischerweise  anderen Zeit als ihrer Entstehung  zu betrachten, die geschilderten Narreteien zu erzählen und wirken zu lassen.

Mit welcher Figur will man sich aber in diesem Märchen identifizieren? Oder ist die Geschichte schon ein Beispiel für das “natürliche” Vorkommen der negativen Dialektik?
Die Szene im Keller, bei der “fünfe” beisammenhocken  “… und jammerten ganz erbärmlich, einer immer besser als der andere” warnt gewissermaßen davor, sich der “hausinternen Gruppendynanik” anzuschließen. Wer da so klug ist, “wie der Titel vermuten lässt” – darüber soll sich jeder sein eigenes Bild machen…

 

Wir können übrigens drei Stufen der Aufklärung unterscheiden:

“Die Vernunft bringt die Wahrheit ans Licht – dieser programmatische Satz kennzeichnet eine Denkepoche, die man als Aufklärung bezeichnet. Sie begann bereits im 17. Jahrhundert mit Denkern wie Spinoza oder John Locke und erreichte ihren Höhepunkt gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit Montesquieu, Voltaire, Rousseau und Immanuel Kant.”

Von “Der Epoche der Aufklärung” zu sprechen, unterstellt gewissermaßen, mit der Epoche sei es schon lange vorbei – für Epochen typisch ist ja ihre Vergänglichkeit.

Wir können aber auch eine zweite Epoche der Aufklärung unterstellen,  die sich während und nach der Barbarei des zweiten Weltkriegs oder “dritten Reichs” herauskristallisierte und entfalten wollte.  Die “Dialektik der Aufklärung” war ja nicht “nur” Kulturkritik, sondern Grundlagenforschung, die nach Weiterführung verlangt.

 

Die Frage “Wo bleibt die dritte Aufklärung?” fand sich in einem Artikel von Marianne Leuzinger-Bohleber in der FAZ vom 11.11.2021 beziehungsweise auf der Homepage der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung.

Es ist eine ernste Frage, angesichts der ökologischen Überforderung des Planeten durch seine schlecht organisierten, unvernünftigen Bewohner, die nicht wissen wohin “die Reise” geht. Zu viele Anzeichen gibt es, die “in die Katastrophe” als Antwort nicht suggerieren, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen.

Zugegeben, ich werde jetzt ein Zitat “Es geht um die Zukunft, die – im Sinne der Aufklärung – ohne Vergangenheit nicht denkbar ist” aus seinem aktuellen Zusammenhangs reißen, wenn ich darauf bestehe, dass wir ohne Kenntnis der Weisheit, der antiken Lehren der Mytho-Logie auch keine Zukunft haben werden.

Die Welt leidet an der Unvernunft und dem Egoismus der Menschen, deren Fixierung auf Energie- und Rohstoffhunger, Überfluss und Genusssucht. Die Selbstverliebten, die mal eben zum Spass sich ein paar Minuten Schwerelosigkeit kaufen, sind die Spitze des Eisbergs. Diesen über-narzisstischen Subjektem “gute Beserung” zu wünschen, ist zwecklos.

Für Otto und Else Normalverbraucher  geht es ums Überleben der Menschheit, des Nachwuchses, unzähliger Generationen. Und wir müssen verdammt gesund sein, psychisch und physisch, für diese Aufgabe.

 

Hinterlasse eine Antwort

Pflichtfelder sind mit * markiert.

*